Diese Bücher von Robert Jackson Bennett sind nicht Teil einer Serie/Trilogie.
Mr. Shivers (2010) ✔️
Das ist der Erstlingswerk und als solches durchaus gelungen. Ursprünglich dachte ich mir dass es sich um einen historischen Roman in der Zeit der großen Depression handelt, aber dem ist nicht so.
In einer alternativen Realität, die ungefähr in der Zeit der großen Depression spielt und die US-Staaten von einer Dürre heimgesucht werden, sucht eine zusammengewürfelte Gruppe von Menschen den titelgebenden Mr. Shivers, der jedem der Gruppe etwas angetan hat und jeder aus der Gruppe sich an ihn rächen will. Dabei nutzen sie - zeittypisch - als Hobos / blinde Passagiere die Güterzüge um ihn zu folgen.
Entfernt erinnerte mich das ein wenig an den Dark Tower-Roman The Gunslinger, der dort ebenfalls auf den spuren einer mysteriösen Person ist und durch runtergekommene Ortschaften kommt.
Das Ende war für mich nicht sonderlich überraschend. Dennoch ein gut zu lesender Horror / SpeculativeFiction Roman, für das Erstlingswerk richtig gut. 👍
The Company Man (2011) ✔️
Das zweite Werk von Robert Jackson Bennett Ich dachte zuerst dass es sich um eine Art historischen Roman handelt, um den es um den Konflikt in den USA zwischen Gewerkschaften und Firmen Anfang des 20. Jahrhunderts geht. Geht es auch in gewisser Weise, aber es handelt sich tatsächlich um SpeculativeFiction (neben Mystery) in einer alternativen Geschichte. Der Protagonist - “The Company Man” - hat gewisse psychische Fähigkeit, die aber eher Last als eine Gabe sind, ist Angestellter einer monopolistischen Firma und arbeitet mit der Polizei der fiktiven Stadt an der Ostküste der USA zusammen um Mordfälle zu klären. Nach und nach werden die Geheimnis der fiktiven Firma aufgedeckt und geklärt, wie die Firma seine solche Machtstellung erreichen konnte und was die negativen - neben durchaus positiven - Folgen sind.
Recht spannend geschrieben, das Ende fand ich nicht ganz klar, dennoch wirklich gut 👍
The Troupe (2012) ✔️
The Troupe handelt von einer seltsamen Vaudeville- Truppe (besagte “Troupe”), angeführt von dem nicht weniger seltsamen Silenus, die zur Hochzeit des besagten Vaudeville - ungefähr Anfang des 20. Jahrhundert - durch Amerika tourt und erstaunliche Kunststücke vorführt. Der Protagonist - George -, deren Mutter bei seiner Geburt gestorben ist der bei seiner Großmutter aufgewachsen ist sucht die Truppe, bei der er seinen Vater vermutet und wird auch schließlich fündig. Nach und nach kommt heraus welchen eigentlichen Zweck die Truppe und Silenus haben.
Das Buch ist - wie oft bei Bennett - genreübergreifend. Es enthält durchaus Horror (inklusive Kosmischen Horror), Fantasy, eine Beschreibung der damaligen Zeit des Vaudevilles und des Rassismus und generell SpeculativeFiction / Mystery . Sehr spannend und lesenswert 👍
Mega-Spoiler
Dass es sich bei Stanley um den tatsächlichen Vater handelt war für mich keine große Überraschung, das hatte ich mir schon früher gedacht.
American Elsewhere (2013) ✔️
American Elsewhere handelt von der ehemaligen Polizistin Mona Bright, die nach dem Tod ihres Vaters erfährt dass ihre verstorbene Mutter eine Immobilie in dem Ort Wink besitzt und will das Erbe antreten bevor die gesetzliche Frist ausläuft. Dabei gibt es so einige Schwierigkeiten, der Ort Wink ist kaum bekannt1 (auch den Behörden nicht) und der Ort sowie ihre Einwohne entpuppen sich als etwas seltsam.
Am besten könnte man das Buch mit “Cthulhu trifft seltsames Dorf” zusammenfassen, es ist - typisch Bennett - etwas genreübergreifend, primär Horror , SpeculativeFiction und natürlich Mystery . Ebenfalls sehr spannend und lesenswert 👍.
Vigilance (2019) ✔️
Vigilance ist eine Novelle ohne Kapitel von Bennett und spielt in einer nahen, dystopischen Zukunft in den USA:
Das titelgebende Vigilance ist ein wenig vergleichbar mit Running Man2, aber etwas umgekehrt: Hier geht es darum werbewirksam Massenschießereien zu choreographieren statt einen einzelnen, Freiwilligen, zu jagen. Die Novelle behandelt auch Themen wie KI, extrem gute Profilbildung - damit die Werbeeinnahmen auch sprudeln:
Cite
His Ideal Person has been married but the number of marriages doesn’t really matter: McDean’s models indicate that an Ideal Person with up to six marriages under their belt will still generate the minimum target market activation level. His Ideal Person has never performed cunnilingus; or, if they have, they’ve attempted it less than ten times in their life, and they do not have positive associations with the experience (it just kept going and going, they say). His Ideal Person has a very fixed concept of domesticity: they have little understanding of how to do laundry, how to cook, how to take care of children
sowie generell das Thema Amerikaner und ihre Waffen sowie den Klimawandel.
Die Novelle ist bislang das heftigste Werk dass ich von Bennett gelesen habe. Es sind gar nicht mal einzelne Horrorpassagen - das hält sich in Grenzen - es ist eher der Realismus und Glaubwürdigkeit dass in mir sehr viel Unwohlsein ausgelöst hat. Zu keinem Zeitpunkt habe ich gedacht dass das unrealistisch oder weit hergeholt ist, im Gegenteil, und das war durchaus recht deprimierend.
Auch die Einblicke, die die Novelle liefert, sind leider oft auf den Punkt, hier z.B. in Bezug auf Waffen und die USA generell:
Cite
The heart of the matter was that, from the beginning, America had always been a nation of fear.
Fear of the monarchy. Fear of the elites. Fear of losing your property, to the government or invasion. A fear that, though you had worked damn hard to own your own property, some dumb thug or smug city prick would either find a way to steal it or use the law to steal it.
This was what made the beating heart of America: not a sense of civics, not a love of country or people, not respect for the Constitution—but fear.
And where you had fear, you had guns.
Besonders bitter ist auch die Analyse eines der Protagonisten in der Novelle warum die Leute eher gleichgültig auf tote Kinder als Folge der Schusswaffen reagieren. Auch interessant und erschreckend dass so einiges, was die Novelle 2019 in Bezug auf KI vorausgesagt hat teilweise schon Realität oder geplant ist.
Kurzum: Eine der bittersten, zynischsten aber leider realistischen Werke die ich bislang von dem Autor gelesen habe. Lohnt sich sehr, aber heftige Kost. 👍 #dystopie SpeculativeFiction